Der heilige Berg Shatrunjaya im indischen Bundesstaat Gujarat ist ein bedeutendes spirituelles Zentrum des Jainismus. Über 3500 Stufen führen hinauf zu einem beeindruckenden Tempelkomplex, der seit rund 900 Jahren Pilger und Besucher aus aller Welt anzieht. Die Besteigung ist nicht nur eine sportliche Herausforderung, sondern auch ein einzigartiges Gemeinschaftserlebnis, das von Begegnungen, tierischen Helfern und faszinierenden Einblicken in die religiöse Welt der Jain geprägt wird. Am Ende bleibt offen, ob diese Erfahrung mein karmisches Konto etwas entlastet hat. – von Christoph Waldhauer

Hotel in Palitana©Vietnam Tours Leverkusen
Gujarat der trockener Staat
Gujarat, ein noch touristisch unentdeckter Bundesstaat im Südwesten Indiens, überrascht gleich mehrfach: Alkoholische Getränke sind offiziell verboten (ob es an der Hotelbar wohl Ausnahmen gibt?), und die Ernährung ist überwiegend vegetarisch. Doch heute steht etwas ganz anderes auf dem Programm: Eine selbstauferlegte Bergbesteigung.

Ahmedabad 2©Vietnam Tours Leverkusen

Ahmedabad People©Vietnam Tours Leverkusen

Gujarat 1©Vietnam Tours Leverkusen

Gujarat©Vietnam Tours Leverkusen
Der heilige Berg Shatrunjaya
Von der Stadt Palitana aus führt mein Weg auf den heiligen Berg Shatrunjaya. Kein gewöhnlicher Berg, sondern ein spiritueller Ort, der seit rund 900 Jahren von einer festungsartigen Mauer und dem imposanten Tempelkomplex der Jain gekrönt wird. Dieses Zentrum religiöser Aktivitäten zieht nicht nur Jain-Anhänger an – Menschen aller Glaubensrichtungen kommen, um die spirituelle und kulturelle Bedeutung zu erleben.

Shatrunjaya Aufstieg©Vietnam Tours Leverkusen

Shatrunjaya Pilgerin Aufstieg©Vietnam Tours Leverkusen

Shatrunjaya Treppe© Vietnam Tours Leverkusen
3500 Stufen ins Glück
Der Weg zum Tempelkomplex führt über 3500 Stufen und etwa 600 Höhenmeter. Zum Vergleich: Der Kölner Dom hat „nur“ 533 Stufen – und dort gibt’s kein Karma-Bonus! Die Jain-Anhänger leben nach fünf Grundsätzen: Gewaltlosigkeit, Wahrheit, Nicht-Stehlen, Enthaltsamkeit und Besitzlosigkeit. Karma spielt eine zentrale Rolle und beeinflusst das Schicksal und die Wiedergeburten.

Shatrunjaya Aufstieg Ausruhen©Vietnam Tours Leverkusen
Gemeinschaft und Begegnungen auf dem Weg nach oben
Während ich stufenweise dem Gipfel entgegensteige (und mich Frage, wo meine Kopfbedeckung geblieben ist), wird mir klar: Der Aufstieg ist vor allem ein Gemeinschaftserlebnis. Familien plaudern fröhlich, und ich erfahre, dass man mindestens einmal im Jahr diese Pilgerreise machen sollte.

Pilgerinnen© Vietnam Tours Leverkusen
Aufmerksame Begleiter
Mit Beginn des Aufstiegs laufen zwei drahtige Männer neben mir her. Sie beobachten mich aufmerksam und warten geduldig, bis ich nicht mehr weitergehen will. Ich könnte in ihre geschulterte Sänfte steigen und mich tragen lassen, aber der Weg ist AUCH das Ziel. Plötzlich bleiben sie stehen und lassen mich weiterziehen. Ich habe nicht gezählt, bei welcher Treppenstufe das war.

Sänfte©Vietnam Tours Leverkusen
Esel als stille Helfer
Plötzlich begegnet mir eine Eselherde, die ohne menschliche Begleitung Wasser nach oben transportiert. Sie wirken so leichtfüßig, dass ich am liebsten mitlaufen würde. Doch mein Weg führt weiter nach oben, Schritt für Schritt.

Esel©Vietnam Tours Leverkusen
Oben angekommen: Panorama und Tempel
Nach zwei schweißtreibenden Stunden und mit leerer Trinkflasche erreiche ich endlich das Ziel. Das Panorama ist atemberaubend, bei klarem Wetter sieht man sogar das Meer. Über 800 Tempel, große und kleine, warten darauf, entdeckt zu werden. In einem Tempel beobachte ich fasziniert, wie eine Figur mehrfach unter Zimbelklängen geschmückt wird – ein Moment der Ruhe und Entspannung.

Marmorstatuen Jain©Vietnam Tours Leverkusen

Shatrunjaya Pilger©Vietnam Tours Leverkusen

Tempel Shatrunjaya 2©Vietnam Tours Leverkusen
Der Abstieg: Begegnungen und neue Perspektiven
Der Abstieg geht schneller. Ein junger Mann in weißer Kleidung überholt mich leichtfüßig. Er selbst kommt aus Bangalore und studiert dort am IIIT-B, arbeitet aber schon in der Firma seines Vaters. Seine Familie ist auch hier, aber sie gehen ihm zu langsam. Ich bin auch langsam, rufe ich. Macht nichts, er unterhält sich gerne auf Englisch. Seit er denken kann, macht seine Familie diese Reise jedes Jahr. Es sei auch wichtig, für den Erhalt des Tempels zu spenden. In den Jains India Trust. Seine Familie ist da sehr großzügig. Ob er auch schon mal mit der Sänfte…? Nein! Seine Eltern schon. Und noch in dieses durchaus kurzweilige Gespräch vertieft, komme ich wohlbehalten am Ausgangspunkt an. Meine Bergbesteigung hat mein Karma positiv beeinflusst. Ich hoffe es. Fragt mich einfach.

Shatrunjaya©Vietnam Tours Leverkusen1